Intelligence
(von Andreas Gémes)
Die meisten deutschsprachigen Menschen assoziieren das Wort „Intelligence“ wohl eher mit Intelligenztests als mit Geheimdiensten. Spätestens seit dem 11. September 2001 ist Intelligence im Sinne von Informationsbeschaffung jedoch im Zentrum des öffentlichen Interesses. Für den Begriff Intelligence im politikwissenschaftlichen Sinne gibt es zahlreiche Definitionen, eine davon wäre: „Intelligence is information – often secret – collected, organized and/or analyzed on behalf of decision-makers (be they military, political or economic/private)“ Vor allem die gegenwartsorientierte Behandlung des Themas Intelligence geht im deutschsprachigen Raum nur sehr schleppend voran. Dies ist umso bemerkenswerter, als es sich hierbei nicht nur um die, wie es heißt, „Second Oldest Profession“ handelt, sondern schlichtweg um die Informationsgrundlage der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger schlechthin. Intelligence im weitesten Sinne (als „Need to Know“) spielt in unserer heutigen öffentlichen, wirtschaftlichen und privaten Welt eine immer wichtigere Rolle. Umso notwendiger ist daher die seriöse wissenschaftliche Beschäftigung mit ihr. Die historische Auseinandersetzung mit dieser Subdisziplin der Internationalen Beziehungen ist relativ jungen Datums. Von Richard Rowan stammt der bekannte Satz aus dem Jahr 1938: „Spies and speculators for thirty-three centuries have exerted more influence on history than on historians“. Während ab den frühen siebziger Jahren das öffentliche Interesse an geheimdienstlicher Aktivität durch zahlreiche Faktoren (u.a. neue Enthüllungen über die Arbeit der Geheimdienste während des Zeiten Weltkrieges, der Watergate-Skandal, der Vietnamkrieg) zunahm und sich auch in der Gründung von zahlreichen Magazinen und Journalen niederschlug, ist der Beginn der wissenschaftlichen „Revolution“ erst ab der Mitte der siebziger Jahre anzusetzen. Die wissenschaftliche „Intelligence community“ setzt sich aus Historikern, Politikwissenschaftlern, Schriftstellern und Journalisten zusammen. Das ACIPSS hat sich als erste Institution zum Ziel gesetzt, durch Forschung, Lehre und Öffentlichkeitsarbeit die Subdisziplin „Intelligence Studies“ auch im deutschsprachigen Raum zu etablieren und die historische Forschung mit der Analyse von gegenwärtigen Problemen zu verbinden. Der Fokus liegt zunächst auf Österreich und Zentraleuropa. Obwohl das Bild von Österreich als „Drehscheibe“ der Geheimdienste im Kalten Krieg in der Öffentlichkeit weit verbreitet ist, steckt die wissenschaftliche historische Aufarbeitung dieses Themenbereiches noch weitgehend in Kinderschuhen. Die interdisziplinäre und internationale Annäherungsweise des ACIPSS soll es ermöglichen, die österreichischen Geheimdienste im mitteleuropäischen, aber auch internationalen Kontext zu analysieren.
Propaganda
(von Martin Moll)
Der Begriff Propaganda ist im aktuellen Sprachgebrauch zwar nicht völlig aus der Mode gekommen. Wird er jedoch verwendet, so geschieht dies entweder in einem historischen („die Nazi-Propaganda“) oder in einem aktuellen Kontext, dann in der Regel mit unzweideutig pejorativem Beigeschmack: Kontrahenten treiben Propaganda, während parallele eigene Aktivitäten als Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations, Kommunikation und Information bezeichnet werden. Schon die Nomenklatur der mit (wertfrei verstandenen) propagandistischen Aufgaben befassten Stellen (Presse- oder Öffentlichkeitsreferenten, PR-Manager etc.) spricht eine deutliche Sprache: Propaganda ist verpönt – dem Begriff, aber keineswegs der Sache nach! Denn es gibt sie nicht nur immer noch, sondern mehr denn je. Konstitutiv für sie ist freilich, dass sie jede Berührung mit dem belasteten Begriff sorgfältig meidet, ja kaschiert. Bei ganz oberflächlicher Betrachtung scheinen Intelligence und Propaganda als zentrale Themenfelder eines Forschungscenters in höchstem Grade inkompatibel: Erstere Tätigkeit vollzieht sich, so die Annahme, im Geheimen und Verborgenen; sie hütet ihre Ergebnisse vor neugierigen Blicken Unbefugter, während die Propaganda ihrem Wesen nach sicht- und hörbar im öffentlichen Raum agiert, diesen zu okkupieren und zu beeinflussen sucht, wobei sie mit ihren Formen wie z.B. politischer Wahlwerbung oder Wirtschaftsreklame gar kein Hehl daraus macht, welche Ziele sie anstrebt. Schroffer könnten also, so will es scheinen, die Gegensätze nicht sein. Der Schein trügt. Wenn, wie die Betreiber des ACIPSS behaupten, Intelligence die wichtigsten Informationsgrundlagen für oft weittragende politische Entscheidungen bereitstellt, so wird doch keine Entscheidung von einiger Bedeutung getroffen, ohne deren kommunikative Umsetzung, mit anderen Worten also ihre propagandistische Vermarktung, ihre spätere Verkaufbarkeit sozusagen, von Anfang an einzukalkulieren. Diese Wechselbeziehung, deren beide Bestandteile gleichermaßen prägend auf die anstehenden Entscheidungen einwirken, ist geradezu ein konstitutives Merkmal der modernen massendemokratischen Gesellschaft und ihrer politischen Kultur, wenigstens in der sogenannten westlichen Welt. Von bescheidenen Anfängen im 19. Jahrhundert ausgehend – exemplarisch genannt sei die durchaus professionelle und erfolgreiche Propaganda des Nachrichtenamtes der kaiserlich-deutschen Marine unter Admiral Tirpitz für den kostspieligen Aufbau einer starken Kriegsflotte um 1900 – hat sich der geschilderte, enge Konnex im vergangenen Jahrhundert außerordentlich kräftig entwickelt und feste institutionelle Formen angenommen. PR-Berater (oder wie immer sie bezeichnet werden mögen) und Experten für Nachrichtenbeschaffung sind heute – aber auch schon seit Jahrzehnten – in die Stäbe von Spitzenpolitikern eingebaut und auf Zusammenarbeit angewiesen; die Arbeit der einen ist ohne Berücksichtigung der Analysen der anderen schlechterdings nicht (mehr) denkbar. Dabei scheint – was gerne übersehen wird – dieser mit Begriffen wie Professionalisierung und Institutionalisierung zu umschreibende Vorgang in der und durch die Friedenszeit nach 1945 eher noch stärker vorangetrieben worden zu sein als in den Jahren der beiden Weltkriege. Offenkundig haben politische Entscheidungsträger auf die öffentliche Meinung im Frieden weitaus mehr Rücksicht zu nehmen, als dies vis-a-vis einer im Krieg stehenden Bevölkerung der Fall ist bzw. war. Gleichwohl ist nicht zu übersehen, dass die ursprünglich stärksten Antriebskräfte für die Etablierung und Verwissenschaftlichung, sowohl von Intelligence als auch von Propaganda als nicht allein politiknaher, sondern ins Zentrum politischer Entscheidungen vordringender Tätigkeitsfelder aus dem Zeitalter kriegerischer Verwicklungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts herrühren. Das ACIPSS als Forschungs-, und Kompetenzzentrum, das die realen Verzahnungen zwischen Intelligence und Propaganda aufnimmt (und allein schon dadurch wissenschaftliches Neuland betritt), nicht beim zeitgenössischen Befund stehen bleibt, sondern zugleich – und damit den politikwissenschaftlichen Ansatz deutlich erweiternd – auf die historische Genese fokussiert, verspricht eine Fülle vertiefender Einsichten in den Zustand der modernen, keineswegs mehr nur auf den „Westen“ beschränkten Welt in ihrer aktuellen Befindlichkeit ebenso wie in ihrem historischen Gewordensein. Definition:
Security Studies
(von Andreas Gémes)
Die Sicherheitsstudien sind eine Subdisziplin des Feldes der Internationalen Beziehungen (IR), da Fragen der Sicherheit (und damit auch des Krieges) schon immer die Beziehungen zwischen Staaten geprägt hatten. Der Themenbereich der Security Studies beschäftigt sich aber nicht nur mit den traditionellen Fragestellungen, die um Krieg und Frieden kreisen. Vielmehr sind neben den militärisch-politischen auch wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Bedrohungen im Zentrum des Interesses. Dazu zählen Fragen der Migration und der Friedensforschung ebenso wie die „neuen“ Bedrohungen wie Cyber-Warfare. Da sicherheitspolitische Anliegen mit dem Themenkreis Intelligence stark verbunden sind, gibt es zwischen Security Studies und Intelligence zahlreiche Querverbindungen und Überschneidungen. Deshalb macht es Sinn, beide Aspekte zusammen zu studieren. ACIPSS konzentriert sich sowohl auf österreichspezifische als auch auf europäische und globale Fragestellungen der Sicherheit. Österreichs historische Rolle in Zentraleuropa, seine nicht unwesentliche Rolle im Kalten Krieg und die Zukunft Österreichs in der europäischen Sicherheitsarchitektur sind beispielsweise Fragestellungen, mit denen sich die Mitarbeiter des ACIPSS auseinandersetzen.
Security Studies
(von Andreas Gémes)
Die Sicherheitsstudien sind eine Subdisziplin des Feldes der Internationalen Beziehungen (IR), da Fragen der Sicherheit (und damit auch des Krieges) schon immer die Beziehungen zwischen Staaten geprägt hatten. Der Themenbereich der Security Studies beschäftigt sich aber nicht nur mit den traditionellen Fragestellungen, die um Krieg und Frieden kreisen. Vielmehr sind neben den militärisch-politischen auch wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Bedrohungen im Zentrum des Interesses. Dazu zählen Fragen der Migration und der Friedensforschung ebenso wie die „neuen“ Bedrohungen wie Cyber-Warfare. Da sicherheitspolitische Anliegen mit dem Themenkreis Intelligence stark verbunden sind, gibt es zwischen Security Studies und Intelligence zahlreiche Querverbindungen und Überschneidungen. Deshalb macht es Sinn, beide Aspekte zusammen zu studieren. ACIPSS konzentriert sich sowohl auf österreichspezifische als auch auf europäische und globale Fragestellungen der Sicherheit. Österreichs historische Rolle in Zentraleuropa, seine nicht unwesentliche Rolle im Kalten Krieg und die Zukunft Österreichs in der europäischen Sicherheitsarchitektur sind beispielsweise Fragestellungen, mit denen sich die Mitarbeiter des ACIPSS auseinandersetzen.
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